Sonntag, 22. November 2015

Der letzte Abend im Flüchtlingsheim ...

Wie jetzt kürzlich in der entsprechenden Gruppe bei Facebook zu lesen war, geht es für die eine Flüchtlingsnotunterkunft, in der seit Ende September immer mal wieder als medizinisches Personal weitergeholfen habe, ab Ende des Monats nicht mehr weiter. Der Mietvertrag ist nicht verlängert worden.

Offen gestanden, ist das ziemlicher Mist, denn es handelte sich um ein leerstehendes Bürogebäude mit vielen Zimmern, die Anbindung an Nahverkehr und Autobahn war prima, die Helfer alle motiviert ...

Nun hatte ich gestern am Nachmittag/Abend noch eine Schicht zu übernehmen. Es gäbe eine Lücke, hieß es ... Tatsächlich wäre ich ab 15 Uhr allein gewesen, mehr als eine Person ist nicht mehr eingeplant. Bei etwa 400 Bewohnern. Soviel zu dem im Oktober geäußerten Anspruch, professioneller zu werden.

Die Ärztin blieb aber doch noch bis etwa 18 Uhr, machte sich echt Sorgen, rief die Abteilungskoordinatorin an, welche dann auch 2 Stunden später auch mal gucken kam, ob wirklich die Hütte brenne. Da hatte sich aber die Lage schon entspannt.

Etwas früher als geplant tauchte dann meine Ablöse auf und unterstützte mich, diskutierte allerdings auch erstmal mit mir darüber, ob für ein Kind mit 39 Grad Fieber der Krankentransport gerufen werden müßte. Die Abteilungskoordinatorin gab dann auch noch ihre Meinung ab und meinte, selbst Kinder mit 40 Grad Fieber (und wir hatten derer zwei gehabt) müßten nicht ins Krankenhaus. Wadenwickel und gut ist. (Kennt man in den südlichen Ländern Wadenwickel?)

Überhaupt die Fieberkinder. Der Abtransport war irgendwie auch kurios. Vor ihnen kam ein anderer Notfall, der Rettungswagen war noch von der Ärztin gerufen worden und es war einer der Münchner Berufsfeuerwehr.

Gefühlt kurze Zeit später steht derselbe Wagen also wegen dem ersten Fieberkind wieder da und der "Chef" des Zweierteams macht mich erstmal ein bißchen rund, ein Krankentransport hätte es auch getan ...

Wir hatten gleichzeitig zwei Wägen für die zwei Kinder angefordert und riefen eine Stunde später noch einmal bei der Leitstelle an, diesmal mit der ausdrücklichen Bitte um einen Krankentransport.
Und wer steht 15 Minuten später wieder im Raum? Richtig, die zwei Feuerwehrmänner ...

Für das dritte Kind war eigentlich auch ein Wagen angefordert worden, kam aber nicht und nach 2 Stunden Warten haben wir dem Kind noch einmal Medizin gegeben und es zum Schlafen aufs Zimmer geschickt.

Später kommt noch ein junger Mann in den Zwanzigern zu uns, er hätte im Iran einen Stromunfall gehabt und sei seit 5 Tagen hier, vor zwei Tagen war ihm der Verband am Fuß das letzte Mal gewechselt worden.
Die Kollegin und ich machen einen neuen Verband, bekommen dabei den Fuß und die Arme zu sehen, die doch etwas schlimm aussehen, weil großflächig verletzt, und ich wundere mich später, daß ich mich nicht mehr erschreckt habe.

Glücksmomente während der Arbeit: Ballspielen mit einem Jungen und seiner Mutter (?). Und ein sehr fröhlicher kleiner schwarzer Junge, der mich, als seine Mutter uns seine Entzündungen am Hals zeigt, fast die ganze Zeit anlacht.
Die Flüchtlinge sind entspannter, als ich sie bisher erlebt habe, was wohl auch daran liegt, daß es keine schnellen Wechsel mehr gibt.

Als es Zeit ist zu gehen, verabschiede ich mich - und dann packt mich auf dem Rückweg die Wehmut.

Und als am Morgen danach die Ärztin eine SMS von mir mit der Frage beantwortet, ob ich heute käme, würde ich sofort wieder hinfahren.

So, wie ich mich kenne, bin ich sicher nicht das letzte Mal dort gewesen, obwohl, wie gesagt, nächsten Montag Schluß sein wird ...


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