Freitag, 29. September 2017

Welchen Wert haben eigentlich Hobbys und Interessen?

Dieser Artikel ist dem Ansatz einer Diskussion mit meinem Vater, die sich kurz entspann, als wir am vergangenen Sonntag auf meinen Zug warteten, geschuldet. Und wegen der Wichtigkeit des Themas poste ich es parallel auf Steemit. Kommentare hier wie da sind ausdrücklich erwünscht.

Ich will ja immer mal gern wissen, was meine Mutter und er (oder vor allem er) sich in den 1990er- und 2000er-Jahren dabei gedacht haben, mir erst die Ausbildung zum Fachinformatiker, dann die Tätigkeit in dem Beruf und später das Physikstudium bzw. die Fortsetzung desselben nach bestandenem Vordiplom (ihr erinnert Euch, daß ich da Ehrenrunden gedreht habe?) ausreden zu wollen.

Der knappen Art, wie mein Vater die Diskussion abbügelte, nach zu urteilen, hat er sich vielleicht gar nichts gedacht. Auf jeden Fall nicht soviel wie ich danach darüber gegrübelt habe.

Gleichermaßen hat das in mir einen gewissen Gedankenprozeß in Gang gesetzt. Ich habe mich erinnert, wie ich Hobbys ausgeführt und wann und wieso ich sie für mich auslaufen habe lassen. Ein aktueller Auslöser ist außerdem meine Situation beim Technischen Hilfswerk. :/ Diese Sache, daß man sich einfach immer selbst mitnimmt, egal, wo man hingeht, welche Leute man trifft.

Und so ist die eigentliche Frage: warum hast Du diese Hobbys und Interessen verfolgt und zu welchem Zweck? Hat das, was sich daraus ergeben hat, noch mit dem zu tun, was Du angestrebt hast?

Ich bin ein wißbegieriger Mensch. Ich möchte behaupten, daß ich für's Lernen lebe. Nicht so sehr für die Ausführung. (Stehen Schwierigkeiten im exekutiven Bereich eigentlich in den Diagnosekriterien für Asperger-Autismus?)

Beispiele gefällig? Da hätten wir:
- die oben erwähnte Ausbildung
- die Amateurfunkprüfung
- das Physikstudium
- die Ausbildung zum Rettungsdiensthelfer

Und das waren nur die Sachen, die mit einer Prüfung abschlossen. Bei letzterer hab ich ja schon vor, während und nachher herumgejammert, daß ich mir Sorgen mache, es nicht zu bewältigen. Tatsächlich hat es da schon den einen oder anderen Fall gegeben, wo ich den Leuten einfach zu langsam war.

Aber ganz vorn dabei, weil zeitlich am wenigsten zurückliegend, ist natürlich:

- die Ausbildung und Tätigkeit beim Technischen Hilfswerk,

wo ich das Gefühl habe, unbrauchbarer zwischen den Stühlen zu hängen als irgendwo sonst vorher. Jetzt sind nach einem Jahr unaufgeklärter Paranoia endlich meine Namensschilder gekommen und angesichts dessen, daß Sätze wie "darfst Du auch mal mitspielen?" gefallen sind, möchte ich fast fragen: wozu eigentlich Namensschilder für mich? Warum hat man mich (und zwei andere Personen, die wie Klötze an der Gruppe hängen, ohne funktional etwas beizutragen) nicht einfach rausgeschmissen, anstatt uns in eine Untergruppierung auszugliedern, wo wir uns gegenseitig zerfleischen dürfen, aber uns selbst nicht so führen können, daß etwas sinnvolles herauskommt? Oder anders gefragt: ist das die Realität, die ich anerkennen muß, daß meine kognitiven Fähigkeiten so minderwertig eingeschätzt werden, daß der Wille zu lernen in die Sackgasse führt? Habe ich meine eigenen Grenzen zu lange ignoriert?

Ich kann die obige Liste übrigens noch ein wenig fortsetzen. Ich habe ja auch beim Kochen und Nähen gemerkt, daß es mir an der exekutiven Umsetzbarkeit mangelt. Beim Klöppeln bin ich möglicherweise mutloser als nötig. Beim Steptanz ging irgendwann die Panik mit mir durch. Beim Volkstanz irgendwie auch. (Warum gehe ich da auch ohne Partner hin, ich Doofie ...? Niemand geht ohne Partner da hin!) Am Versuch, Charleston zu erlernen, bin ich wohl tatsächlich aus motorischen Gründen gescheitert (und nein: ich kriege das nicht in meinen Kopf, so weit weg vom Steptanz ist es ja eigentlich nicht).

Und so bleibt es eine Nachwirkung des oder der letzten Jahre, aber auch der Zeit in der Klinik, in der wir uns irgendwie alle gegenseitig unbeabsichtigt den Spiegel vorgehalten haben, daß ich mich frage: - warum habe ich diese Dinge angefangen?
- wie kam ich darauf, ich wäre damit etwas wert?
- wie kam ich darauf, ich könnte meine sozialen Schwierigkeiten umgehen oder abtrainieren?
- habe ich mich genug damit befaßt, was aus der bestandenen Eignungsprüfung an (möglicher) Verantwortung resultiert?
- warum mußte es dieser Weg sein?
- warum waren mir nicht andere Dinge wichtiger?

Auch, wenn es so scheinen mag: das ist kein Hilferuf. Ich kann durchaus noch das eine oder andere tagsüber machen. Ob es die richtige Reihenfolge ist, steht auf einem anderen Blatt, aber ich bin sowohl auf der Warteliste für einen Klinikplatz wie auch für der für einen Ersttermin bei der Sozialberatung.

Aber mußte es so weit kommen?
Was können und sollten andere - jüngere - daraus lernen? Was ihre Eltern?
Welche Träume und welche Verträumtheit darf man sich leisten?
Wie eng sind die Grenzen wirklich gesteckt?
Muß man sich auf die Grenzen einlassen, um ein wertvoll(er)es Mitglied der Gesellschaft zu sein?
Oder sollte man viel offensiver an den Grenzen arbeiten, sie hinausschieben?

Und zu guter Letzt: wie kann es sein, daß man diese Dinge überhaupt überdenken muß, weil andere Menschen eine andere Außensicht auf einen haben als man sich selbst in der Innensicht wahrnimmt?

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